Brennpunkt Eigenverantwortliches begleitetes Lernen EBL

Eine Herausforderung für die Gymnasien

Lange wurde es “Selbstorganisiertes Lernen” (SOL) genannt. Gemeint ist jener didaktische Ansatz, bei welchem der Unterricht nicht mehr lehrpersonenzentriert, sondern lernendenzentriert erfolgt. Die Lehrperson gibt lediglich noch die Ziele, allenfalls gewisse Unterlagen und vielleicht mal einen kurzen Input vor, den Weg zum Ziel und die Bearbeitung der Unterlagen müssen die Schülerinnen und Schüler eigenständig bewältigen. Die Promotoren dieses Ansatzes erhoffen sich mehr Selbstständigkeit und Organisationsfähigkeit der Jugendlichen und dadurch einen nachhaltigeren Wissenserwerb. Lehrpersonen sehen SOL meist kritischer, weil allfällige Fehlüberlegungen von Lernenden lange unentdeckt bleiben können und Jugendliche mit wenig Selbstdisziplin tendenziell mehr Mühe haben, mehr Zeit brauchen und weniger Orientierungswissen aufbauen. Die Lehrperson hat generell weniger Rückmeldungen über den Lernfortschritt und die Methode benötigt wesentlich mehr Zeit. Somit stellt sich auch immer die Frage, wie weit SOL zulasten des Aufbaus von Orientierungswissen geht, beziehungsweise gehen soll.               

EBL an der Berufsschule Basel
EBL - Eine Unterrichtsform, die Sinn machen kann, aber keinen Schulraum spart.

In einem neuen Projekt des Departements BKS heisst SOL nun EBL, was aber weitgehend dasselbe ist: Eigenverantwortliches und begleitetes Lernen. Damit soll zum Ausdruck kommen, dass die Jugendlichen für ihr Lernen selbst verantwortlich sind, aber weiterhin begleitet werden. EBL soll gemäss Departement BKS an den Gymnasien umgesetzt werden. An den Berufsschulen werden solche Unterrichtsformen in unterschiedlicher Intensität teilweise bereits umgesetzt. Dort geht es vor allem darum, dass die Lernenden für ihre berufliche Tätigkeit handlungskompetent werden.

EBL-Auftrag kam überraschend

Das EBL-Projekt kam für die Gymnasien und die Gymnasiallehrpersonen überraschend. Wenig hat von Seiten des Departements BKS daraufhin gedeutet, dass die Gymnasien einen solchen Auftrag fassen.

Dabei sind zwei Dinge besonders:

  • EBL soll in allen Fächern umgesetzt werden.
  • EBL soll bewirken, dass weniger Schulraum benötigt wird.

Diese Vorgaben sehen die Lehrpersonen Mittelschule Aargau (AMV) und der alv kritisch und lehnen sie ab.

Eine Mitgliederbefragung des AMV zu EBL ergab, dass die Mehrheit diesen didaktischen Ansatz kritisch sieht. Es zeigt sich ferner, dass es wesentliche Unterschiede zwischen den Fachschaften gibt. Dies deckt sich mit der Einschätzung des alv, wonach EBL in einigen Fächern geeigneter ist als in anderen.

EBL braucht eher mehr Räume

Viele Lehrpersonen auf den Sekundarstufen I und II haben bereits Erfahrungen im Bereich EBL und wissen deshalb, dass sich nicht alle Fächer gleich gut eignen für selbstorganisiertes Lernen, und dass es nicht weniger, sondern eher mehr Schulraum braucht, jedenfalls, wenn EBL nicht zulasten der Qualität gehen soll. Um individuell in Kleingruppen über längere Zeit selbständig zu arbeiten, braucht zusätzliche Räume. Neu gebaute Schulhäuser tragen dem meist Rechnung, indem sie neben den eigentlichen Klassenzimmern auch Lernlandschaften einplanen, die flexibel in kleinere Raumeinheiten eingeteilt werden können. Dies braucht im Resultat eher mehr Lernraum.

Der alv bemängelt, dass nicht vorgängig abgeklärt wurde, was das didaktisch-pädagogische Ziel dieses Projekts ist. Offenbar geht es lediglich darum, einen neuen Ansatz zu testen, in der Hoffnung, damit Räume einsparen zu können. Dies scheint dem alv zu wenig zu sein und er bezweifelt, dass es zu Raumeinsparungen kommt.

Der AMV und der alv haben im Rahmen des Runden Tisches Mittelschulen ihre Bedenken kundgetan. Das Departement BKS will aber an seinem Entscheid festhalten. Insbesondere soll der didaktische Ansatz weiterhin mit der Raumfrage verknüpft bleiben. Die Schulen bzw. Fachschaften der Schulen haben bis Ende Jahr Zeit, Umsetzungskonzepte zu erstellen. Der alv wird dieses Projekt weiter kritisch beobachten und gegebenenfalls Korrekturen verlangen.