Wenn Eltern Masken ablehnen - und auf die Lehrpersonen losgehen

09.01.2022

Seit Montag, 10. Januar, gilt an Aargauer Schulen eine Maskentragpflicht in Innenräumen für Kinder ab der 1. Klasse. Dass dies nicht allen gefällt, war zu erwarten.

Offenbar gibt es jetzt aber Eltern, die offensiv, ja aggressiv Lehrpersonen und Schulleitungen unter Druck setzen wollen. Es kursieren Briefe, in welchen sich Lehrpersonen haftbar erklären sollen, wenn ein Kind einen gesundheitlichen Schaden infolge des Maskentragens erleidet.

Solche Druckversuche haben eine neue Dimension und sind völlig inakzeptabel! Es stellt sich gar die Frage, ob nicht strafrechtliche Tatbestände (Nötigung, Drohung etc.) erfüllt sind.

Im Folgenden erklären wir kurz die rechtliche Lage für den Kanton Aargau.

Punkte 1
Die Weisung des Aargauer Regierungsrats ist klar: Alle Kinder ab der 1. Klasse müssen eine Maske tragen. Die didaktisch begründeten Ausnahmen sind klar definiert. Es liegt in der Fachkompetenz der Lehrperson zu entscheiden, wann aus didaktischen Gründen eine solche Ausnahme gewährt werden kann. Eltern haben kein Recht, auf die Didaktik der Lehrperson Einfluss zu nehmen. Schulleitungen sind verpflichtet, solche Einmischungen zu unterbinden.
Lehrpersonen dürfen keine weiteren Ausnahmen erlauben. Damit würde eine Lehrperson ihre Treuepflicht verletzen, was sowohl arbeitsrechtliche als auch haftpflichtrechtliche Konsequenzen haben könnte.

Das Durchsetzen einer Maskentragpflicht ist nicht explizit im Berufsauftrag der Lehrpersonen vermerkt. Daraus aber abzuleiten, dass Lehrpersonen und Schulleitungen diese Anordnung nicht in zumutbarer Weise durchsetzen müssten, wie dies im Internet teilweise behauptet wird, wäre ziemlich sicher falsch. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass ein Gericht eine solche Argumentation stützen würde. Bisherige Gerichtsentscheide lassen nur diese Erwartung zu.

Wichtig: Lehrpersonen und Schulleitungen dürfen keine Maskendispensen gewähren!

Kinder, die keine Maske tragen dürfen, benötigen ein entsprechendes Arztzeugnis.

Punkte 2
Die Verantwortlichkeiten von Schulleitungen und Lehrpersonen sind in Gesetzen und Verordnungen klar definiert. Lehrpersonen haften nur für Schäden aus grobfahrlässigem oder vorsätzlichem Verhalten.
Da das Tragen von Masken einer regierungsrätlichen Anordnung entspricht, ist eine Haftung der Lehrperson zum vornherein ausgeschlossen.
Elternbriefe, die das Gegenteil behaupten, sind falsch und sollten keinesfalls unterschrieben werden. Die Schulleitungen/Lehrpersonen müssen diese Briefe nicht einmal annehmen.

Im Gegenteil: Wenn eine Lehrperson vorsätzlich die Maskentragpflicht nicht einfordert, verstösst sie gegen eine Weisung und wird potenziell haftpflichtig.

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Punkte 3
Die Schulleitung (und die Gemeinderäte) haben eine gesetzliche Fürsorgepflicht gegenüber den Lehrpersonen. Sie sind verpflichtet, sich vor Lehrpersonen zu stellen, die von Eltern unter Druck gesetzt werden, weil sie die Maskentragepflicht durchsetzen.

Die Schulleitung ist zusätzlich verpflichtet, von den Lehrpersonen die Maskentragpflicht und deren Durchsetzung einzufordern, da dies der Weisung entspricht.
Weil die Schulleitung weisungsbefugt und die Lehrperson befolgungspflichtig ist, muss die Lehrperson dieser Anordnung nachkommen.
Schulen haben typischerweise flache Hierarchien. Dies ändert nichts an der Tatsache, dass es diese Weisungsbefugnis, analog zu allen anderen Arbeitgebern, gibt.

Wir empfehlen deshalb Schulleitungen und sowieso Lehrpersonen, sich auf keine Diskussionen einzulassen.

Punkte 4
Die Lehrpersonen haben eine Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Zwar haben Lehrpersonen weiterhin die Meinungsfreiheit, doch gibt es Grenzen.
Beispielsweise darf sich eine Lehrperson nicht über rechtsstaatlich korrekte Anordnungen hinwegsetzen oder öffentlich gegen ihren Arbeitgeber agitieren. Dies wäre durch die Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt und könnte für die Lehrperson erhebliche arbeitsrechtliche Konsequenzen (Kündigung) haben.

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Das BKS hat ein Fact Sheet zur Durchsetzung von Schutzmassnahmen an Volksschulen erlassen

Weitere Informationen zu Corona und Schule

 

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